Allgemein

Die Augen funktionieren in einem komplizierten Zusammenwirken vieler Faktoren, wobei Licht, Kontrast, Linse, Netzhaut und auch das Gehirn sehr wichtige Rollen beim Sehen spielen. Einer der wichtigsten Aspekte des Sehens ist die Sehschärfe (siehe Artikel: Definition des Visus). Anhand dieser kann der Augenarzt oder Augenoptiker die Sehkraft bestimmen, Krankheiten erkennen und beobachten oder die Stärke von benötigten Brillengläsern ermitteln (siehe Artikel: Refraktion). Wie die Sehschärfe genau gemessen wird, und welche Sehtests dafür verwendet werden, haben wir im Folgenden leicht verständlich für Sie zusammengefasst.   

Was wird beim Visus-Test gemessen?

Der Visus-Test zur Ermittlung der Sehschärfe ist nicht der einzige Sehtest, für viele Zwecke aber einer der wichtigsten (andere Tests betreffen beispielsweise Gesichtsfeld, Farberkennung usw.). Einfach ausgedrückt, wird beim Visus-Test überprüft, bei welchem Abstand ein Patient zwei getrennte Punkte gerade noch als getrennt wahrnehmen kann, und diese optisch nicht zu einem einzelnen Punkt verschwimmen. Die Messung kann über die Winkel-Sehschärfe bzw. anguläre Sehschärfe (siehe Artikel: Definition des Visus) oder über die Distanz vom Betrachter zum Objekt erfolgen.

Als Vergleichswert gilt ein Visus von 1,0, der dem Durchschnitt der Bevölkerung entspricht. Je geringer der gemessene Wert ausfällt, desto stärker ist eine Sehschwäche ausgeprägt. Zu beachten ist dabei, dass der Visus je nach Beschaffenheit und Gesundheit des Auges, nach Alter und sogar nach Tageszeit schwankt. Grundsätzlich lässt sich anmerken: Je angestrengter und ermüdeter die Augen sind, desto schlechter fällt in der Regel der Wert beim Visus-Test aus. Die normale Sehschärfe liegt bei ca. 20-jährigen Personen zwischen 1,0 und 1,6 – bei rund 80-jährigen dagegen zwischen 0,6 und 1,0.

Optik mit Aha-Effekt: Für das Autofahren ist ein Visus von mindestens 0,7 vorgeschrieben. Wird dieser Wert beim Sehtest für den Führerschein nicht erreicht, muss die Sehschwäche zwingend durch eine Sehhilfe ausgeglichen werden. 

Der Zweck entscheidet: Verschiedene Arten des Visus-Tests

Die Art und Weise eines Sehtests hängt immer davon ab, wofür der Test bestimmt ist. Alleine bei der Messung der Sehschärfe unterscheidet man zwischen fünf Ausgangssituationen: Der Nahvisus-Test erfolgt aus gut 30 cm und gilt zur Bestimmung der Lesesehschärfe (z.B. mit Birkhäuser-Nahlesetafel), während der Fernvisus-Test die Sehschärfe ab einem Meter Entfernung ermittelt. Darüber hinaus ist es von Bedeutung, ob der Sehtest mit professioneller Korrektur erfolgt (zum Beispiel mit Messbrille), mit eigener Korrektur (Brille oder Kontaktlinsen) oder komplett ohne Korrektur (auch als Rohvisus bezeichnet). Auf Bescheinigungen oder Überweisungen erkennen Sie diese Angabe an den Abkürzungen der Fachbegriffe:

  • s.c. (sine correctione; lateinisch für „ohne Korrektur“)
  • c.c. (cum correctione; lateinisch für „mit Korrektur“)
  • c.c.s. (cum correctione ses; lateinisch für „mit eigener Korrektur“)

Übrigens: Patienten mit einer Blindenarmbinde müssen nicht zwangsläufig komplett erblindet sein.

In Deutschland gilt jemand laut Sozialgesetzbuch als blind, sobald der Visus trotz optimaler Korrektur durch Sehhilfen einen Wert von 0,02 auf dem besseren Auge aufweist oder unterschreitet. Zum Vergleich: International gelten laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) Personen schon dann als blind, wenn ihr Visus bei 0,05 oder darunter liegt.  

Genormte Messung der Sehschärfe – Visus-Test mit dem Landolt-Ring

Offizielle Sehtests für die Sehkraft sind in Deutschland an die Norm DIN 58220 gebunden. Dabei handelt es sich um die einheitliche Richtlinie für Art, Umfang und Durchführung des Visus-Tests, zum Beispiel um für den Führerschein zuverlässige und vergleichbare Werte zu erhalten. Genormte Sehtests erfolgen mit speziellen Sehzeichen, den Landolt-Ringen (siehe Foto). Der Patient muss je eine der acht möglichen Öffnungen erkennen, wobei die Ringe immer kleiner werden. Mögliche Öffnungen sind oben, rechts-oben, rechts, rechts-unten, unten, links-unten, links, links-oben.

Warum Landolt-Ringe? Wie so oft in der Medizin oder Wissenschaft ist der Visus-Test mit den Landolt-Ringen nach deren Entwickler benannt, dem Schweizer Ophthalmologen (Augenheilkundler) Dr. Edmund Landolt (1846-1926).

Alternative Messungen der Sehschärfe – Visus-Test mit der ETDRS- und Snellen-Sehtafel

Alternative Visus-Tests werden klassisch mit Sehtafeln durchgeführt – ein Prozedere, das fast jeder kennt: Aus bestimmter Entfernung müssen Buchstaben oder Zahlen erkannt werden, die von oben nach unten immer weiter schrumpfen. Die ersten Sehtafeln gehen auf den niederländischen Augenarzt Herman Snellen den Älteren (1834-1908) zurück und finden sich noch heute in vielen medizinischen Einrichtungen zur Durchführung von Sehtests.

Moderner ist die Messung der Sehschärfe mit einer ETDRS-Sehtafel. Diese ist erwartungsgemäß nicht nach ihrem Entwickler benannt, sondern besteht aus den Anfangsbuchstaben einer maßgebenden Studie zur Behandlung diabetesbedingter Augenschäden (Early Treatment Diabetic Retinopathy Study). Im Vergleich zum Snellen-Test laufen die ebenfalls kleiner werdenden Buchstaben oder Zahlen unten hin spitzer zu (siehe Foto). 

Viele Experten sehen eine höhere Aussagekraft, wenn die Sehtafeln nicht mit Zahlen oder Buchstaben, sondern mit den sogenannten Snellen-Haken oder E-Haken (siehe Foto) bestückt sind. Der Ablauf ist hier ähnlich dem Visus-Test mit Landolt-Ringen und entsprechend objektiver. Allerdings mit einem Nachteil: Während die Ringe acht Möglichkeiten bieten, sind es bei den E-Haken nur vier (oben, rechts, unten, links), was die Wahrscheinlichkeit auf Zufallstreffer durch Raten erhöht.

Unterschied zwischen ETDRS- und Snellen-Anordnung: Einer Studie zufolge* sind Sehtests mit einer ETDR-Sehtafel genauer und besser reproduzierbar, dauern aber deutlich länger als der klassische Snellen-Visus-Test.  

Visus-Test als standardisierter Sehtest?

Obwohl der Visus-Test mit den Landolt-Ringen genormte Sehzeichen aufweist und auch die sonstigen Messungsparameter einheitlich gestaltet sind, bleiben zwei unberechenbare Faktoren übrig: Zum einen die Person, die den Visus-Test aktiv durchführt und zum anderen natürlich der Patient, dessen individueller Seheindruck, und die Fähigkeit diesen wiederzugeben, in die Ergebnisse einfließen. Die Lösung ist ein standardisierter Sehtest, der schnell, günstig, überall und von jedem durchgeführt werden kann. Die VisusApp ermöglicht genau das, und von Grund auf sowohl für den privaten Einsatz bei Patienten als auch in professionellen Einrichtungen von Augenärzten, Augenoptikern, Kliniken, Pflegeeinrichtungen usw. Am besten einfach mal herunterladen und gleich einen Visus-Test durchführen.

Mehr zur Sehschärfe rund um den Visus-Test finden Sie in unserem Magazin.

* International Journal of Ophthalmology, „Comparison of Snellen and Early Treatment Diabetic Retinopathy Study charts using a computer simulation“ von Reuben R. Shamir, Yael Friedman, Leo Joskowicz, Michael Mimouni and Eytan Z. Blumenthal